SAGE



Der grausame Schlossherr von Freundorf



Die Chronik von Freundorf erzählt, dass um 1600 in Freundorf eine fürchterliche Pest herrschte, der innerhalb von 14 Tagen über 200 Leute zum Opfer fielen. Auch der grausame Schlossherr Orelli wurde von der Pest nicht verschont. Dazu wird folgende Sage erzählt:



Zur Zeit, als die Bauern dem Grundherrn noch Zehent brachten und tagelang unbezahlt auf seinen Feldern roboten mussten, gab es in Freundorf im Schloss einen sehr strengen Gutsherrn, der seine Bauern erbarmungslos behandelte. In die größte Wut konnte er geraten, wenn beim Zehentabführen ein Bauer etwas schuldig blieb. Wieder war der Zehenttag gekommen und viele Bauern standen mit prallgefüllten Säcken und vollen Körben und warteten auf die Übernahme ihrer Abgaben. Endlich öffnete sich knarrend das schwere Schlosstor und die Bauern schleppten keuchend ihre Waren zur Waage. Oben auf der Stufe stand der Schlossherr und beobachtete das Treiben mit finsterem Blick. Still nahmen die Bauern ihren schmutzigen Hut in die Hand und verneigten sich tief vor ihrem Herrn, der diesen Gruß nur lässig erwiderte. Als der Binderbauer an die Reihe kam und wieder zu wenig Zehent brachte, geriet der finstere Schlossherr in fürchterliche Wut und schrie, dass es in den Hallen schrecklich dröhnte. Aus Angst warf sich der Binderbauer vor dem Schlossherrn auf die Knie und bat um Vergebung. Doch dies reizte den stolzen Herrn noch mehr und er versetzte dem Armen mit dem Fuß einen schweren Tritt, dass der Alte über die Steinstufen mit einem Aufschrei hinunterstürzte und unten wimmernd liegen blieb. Die anderen Bauern halfen dem Armen und trugen ihn zu einer Hütte, wo er erst nach vielen Monaten gesund wurde, aber sein lebenlang hinkte. Über diesen Vorfall schimpften die Leute und man wich dem Bösewicht von weitem aus. Selbst in der Dienerschaft hatte sich der Schlossherr durch seine Bosheiten recht unbeliebt gemacht und mancher Diener sann auf Rache.


Als im Jahre 1576 in ganz Freundorf die Pest fürchterlich wütete, schleppte man die Toten mit Wagen vor das Dorf, hob große Gruben aus und warf die Leichen hinein. Über diese Pestgruben erbaute man später einfache Marterl, die heute noch außerhalb der Ortschaft den stillen Wanderern zur Andacht einladen.


Auch im Schloss von Freundorf waren alle Diener und Knechte an der Pest gestorben, nur der Schlossherr und ein Diener hatten die Pest fast überstanden. Da packte diese fürchterliche Krankheit plötzlich den verhassten Herrn und ließ ihn nicht los. Zwei Tage und zwei Nächte wälzte sich der Pestkranke unter unerträglichen Schmerzen in seinem Bett und fand keine Ruhe. Sein Körper war übersäht von dunklen Beulen und aus seinen Augen starrte die Todesangst. Der letzte Diener schaute nur scheu in das Krankenzimmer seines Herrn und ließ ihn, trotz fluchen und Bitten ohne Pflege und Essen allein. Um Mitternacht der zweiten Nacht hörte der Diener einen Aufschrei seines Herrn und als er nachsehen ging, lag der Gefürchtete von der Pest gräulich zugerichtet, tot in seinem Bette. Endlich konnte der Diener seinen aufgespeicherten Zorn über die Untaten seines Herrn auslassen. Er packte den gehassten Toten bei den Füßen, riss ihn aus dem Bett und schleppte ihn so über die Steinstufen, wo sein Kopf bei jeder Stufe hart aufschlug und es im ganzen Schlosse schauerlich dröhnte. Ein verhallendes Schleifen hörte man noch, dann war alles still. Ein lang gezogener Eulenschrei durchdrang das alte Gemäuer und ein Windstoß schlug mit einem dumpfen Rollen geisterhaft die Schlosstür zu.


Nach Jahren soll man das fürchterliche Dröhnen während der Geisterstunde wieder gehört haben und alte Leute sagen heute noch, dass es um Mitternacht im Schloss umgeht.


Das Schloss zu Freundorf soll bereits im 9. Jahrhundert erbaut worden sein und zeitweise als Raubritterschloss gedient haben. Es wurde zweimal zerstört. Die Türken legten es in Schutt und Asche. Trotzdem wurde es wieder erbaut. Der erste, nachweisbare Besitzer des Schlosses zu Freundorf war Josef von Orelli 1656.




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